Mehr als 1000 Wohnungen stehen leer

Das Haus in der Grindelallee 80 wurde im Mai 2019 zwangsgeräumt.
Klaus Bodig/HA

Von Bußgeld bis Zwangsenteignung: Wie die Stadt dagegen vorgeht.

Wer in Hamburg eine Wohnung sucht, muss oft Ausdauer mitbringen. Zwar wurde und wird in den vergangenen Jahren verstärkt gebaut, das Problem löst sich damit allein jedoch nicht. Stadtgesellschaft, Initiativen, Politiker und Stadtplaner diskutieren Themen wie Nachverdichtung, Aufstockung und Umnutzung von Flächen, die zuvor von Industrie, Gewerbe oder der Bahn genutzt wurden. Gleichzeitig wird der Bau ganz neuer Stadtviertel, wie zum Beispiel auf dem Grasbrook realisiert. Durch die Anspannung auf dem Wohnungsmarkt rückt zudem ein weiteres Thema stärker in den Fokus: Was geschieht mit ungenutztem Wohnraum?

Nach vier Monaten muss ungenutzter Wohnraum angezeigt werden

Wohnraum, der länger als vier Monate ungenutzt bleibt, obwohl er Menschen ein Zuhause sein könnte, wird nach dem Hamburgischen Wohnraumschutzgesetz als Leerstand bezeichnet. Eigentümer sind verpflichtet der Wohnraumschutzdienstelle Leerstand zu melden. Stehen Sanierungsarbeiten, Modernisierungen, Abriss oder Neubau der Wohngebäude an, gilt der Leerstand als berechtigt. Stellen die Mitarbeiter der Wohnraumschutzdienstelle jedoch fest, dass der Eigentümer zwar Modernisierungsabsichten geäußert hat, aber anschließend keine Baugenehmigung beantragt, drohen Bußgelder bis zu 500.000 Euro.

Derzeit sind mehr als 1500 Wohnungen in der Hansestadt nicht regulär vermietet. Im vergangenen Jahr waren es mehr als 790 Wohneinheiten im Bezirk Mitte, im Bezirk Nord 335, in Altona 223, in Harburg 211, in Wandsbek 115 und 9 in Bergedorf. Diese Zahlen gehen aus der Senatsantwort auf eine Schriftliche Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Jens Wolf hervor. „Die Zahl der leerstehenden Objekte ist weiterhin durchaus beachtlich“, sagte Wolf der Deutschen Presse-Agentur. Eine Senatsanfrage der Linken ergab, dass allein im Bezirk Eimsbüttel 328 Wohnungen leer stehen, davon 150 seit mehr als zwei Jahren (Stand November 2019). Sowohl Wolf, als auch die Linken kritisieren, dass die Maßnahmen des Senats bislang nicht ausreichend sind, um das Problem Leerstand in den Griff zu kriegen. 

Zwangsenteignung als letztes Mittel

Der Kampf gegen den Wohnungsleerstand in Hamburg ist zäh. Zwar war im vergangenen Jahr, im Zuge der Änderung des Wohnraumschutzgesetzes das Personal aufgestockt wurden. So sollte den schwarzen Schafen unter den Eigentümern schwerer gemacht werden, ihre Immobilien leer stehen zu lassen oder den Wohnraum zweckentfremden, indem sie ihn Touristen als temporäre Unterkunft zur Verfügung stellen. Jedoch gab es immer wieder Fälle wie den aus Hamm. Dort hatte ein Vermieter trotz Zwangsgeldern in Höhe von 18.000 Euro sechs Wohnungen weiterhin leer stehen lassen. Nachdem der Vermieter nicht reagierte, setzte der Bezirk Mitte einen Treuhänder ein, sanierte und zwangsvermietete die Einheiten. Allerdings sei dieses Vorgehen das letzte Mittel.

Und nicht in allem Fällen kommt der Wohnraum wieder auf den Markt. So wie im Fall Grindelallee 80, einem Altbau in unmittelbarer Nähe zur Universität. Der Eigentümer hat jahrelang die Instandhaltung des Hauses verschleppt, Mieter schikaniert und ohne Genehmigung bauliche Veränderungen an den Wohnungen vornehmen lassen, sodass der Brandschutz nicht mehr gewährleistet ist. Das Bezirksamt Eimsbüttel hat das Haus im Mai 2019 zwangsräumen lassen, da für die letzten noch verbliebenen Mieter Gefahr für Leib und Leben bestand. Derzeit rottet das einst ansprechende Gebäude, in dem es 26 Wohnungen geben soll, vor sich hin.

Wohnraumschutzgesetz wurde 2019 geändert

Seit 1971 gibt es in der Hansestadt ein Wohnraumzweckentfremdungsverbot. Das gilt für Wohnungen, die anders genutzt werden, zum Beispiel als Arztpraxis oder Kindertagesstätte. Für die genannten Beispiele gilt jedoch, sie sind anerkannte, legale Zweckentfremdungen. Deshalb genießen Praxen, Kitas und Kanzleien zumeist Bestandsschutz. Aber es gibt auch nicht legale Nutzungen, zum Beispiel Wohnungen allein als Ferienwohnung zu vermieten, ohne dies beim zuständigen Bezirksamt anzumelden.

Nach den neuen Bestimmungen des Wohnraumschutzgesetzes müssen sich Vermieter melden und registrieren lassen. Jeder erhält eine Wohnraumschutznummer. Mehr als 750 Meldungen gab es beim Bezirk Eimsbüttel, dass Menschen ihre Wohnung über Online-Plattformen an Feriengäste vermieten wollen. In 679 Fällen wurde das auch unbefristet genehmigt.

Hamburger können Leerstand melden

Das Thema Wohnen ist für viele Bewohner der Hansestadt eines der wichtigsten überhaupt. Fragen danach, wie sollen Wohnquartiere der Zukunft aussehen sollen, was sie bieten müssen beschäftigen viele Menschen. Ebenso wie die Frage welche neuen Wohnformen helfen, um Antworten zu finden auf die Herausforderungen wie den demografischen Wandel, die Klimakrise, steigenden Mieten und notwendigen neuen Mobilitätskonzepten. In Hamburg startete die Initiative Leerstandsmelder. Auf einer interaktiven Stadtkarte (www.leerstandsmelder.de) können Nutzer eintragen, wo Häuser oder Wohnungen leerstehen. Damit sollen Informationen zum Thema gesammelt und öffentlich zugänglich gemacht werden, um das Problem Leerstand anzugehen.

von Redaktion hamburgerimmobilien.de am 10.01.2020

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